Tour de Cap
Kapstadt mit dem Rad erkunden? Eine super Idee! Doch hört man dann von Bergen wie Lion’s Head, Signal Hill oder Devil’s Peak kommen einem doch schnell Zweifel. Einen Rückzieher machen? Auf keinen Fall! Stattdessen lautete die Devise: rauf auf den Sattel und rein in die Pedale!
Keine Sorge, heute lassen wir es ruhig angehen – mit diesen Worten begrüßt mich Tony, ein Mitte Zwanzigjähriger Kapstädter, der mir in den nächsten Tagen die Highlights seiner Heimatstadt zeigen wird. Heute meint Tony es aber noch gut mit mir. Auf den Berg, sagt er schmunzelnd, komme ich noch früh genug. Erleichtert darüber, erst einmal auf sicherem Terrain E-Bike-Routine zu bekommen, folge ich – noch etwas wackelig im Sattel – meinem Guide. Geschickt manövriert er uns durch den tosenden Verkehr und rein in die Long Street, Kapstadts Haupteinkaufsstraße.
Viktorianische Häuser mit hübschen schmiedeeisernen Balkonen reihen sich hier aneinander. Die vielen Restaurants, Bars, Clubs, Boutique-Hotels, Buchläden und Vintage-Boutiquen erinnern viel mehr an einen angesagten Londoner Stadtteil als an Südafrikas zweitgrößte Stadt. Nach einem kurzen Stopp im mehrfach zum besten Kaffeeladen der Welt gekürten „Truth Coffee“, geht es mit dem Rad weiter ins Malaienviertel Bo-Kaap, das mit seinen bunten Häusern am Fuße des Signal Hills zu den beliebtesten Fotomotiven der ganzen Stadt zählt. Ein Spaziergang – in meinem Fall eine Spazierfahrt – durch die engen und steilen Kopfsteinpflastergassen, natürlich mit einer Koeksister (Spritzgebäck mit Sirup) auf die Hand, ist ein absolutes Must-do in Kapstadt.
Wasser marsch!
Genug von Downtown Kapstadt. Ich will ans Wasser, denn dafür ist Kapstadt neben seiner Berge doch schließlich berühmt! Unser Ziel: die Victoria & Alfred Waterfront. Was einst ein umtriebiger Platz war, ist heute ein Paradebeispiel, wie man ein früher heruntergekommenes Hafenviertel renoviert ohne den ursprünglichen Charakter zu zerstören. Ein kurzer Zwischenstopp in Kapstadts Essensmekka, dem V&A Food Market, der problemlos mit dem Londoner Borough Market oder Barcelonas La Boqueria mithalten kann, ist fast schon Pflicht.
Vorbei an der „Watershed“-Kunsthalle mit allerlei südafrikanischem Schmuck, Designertaschen und Kunst, zieht es mich anschließend mit vollem Bauch (unbedingt ein original Durban Curry probieren!) an die fünf Kilometer lange Mouille Point und Sea Point Promenade – ein beliebter Spot für Spaziergänger, Jogger und Familien, die auf den großen Grasflächen picknicken oder Fußball spielen. Sehr besonders ist der Sea Point Pavillon, das wohl spektakulärste Freibad der Welt direkt am eiskalten Atlantik. Etwas gewöhnungsbedürftig: den Salzwasserpool mit olympischen Ausmaßen sowie die zwei kleineren Becken und den Tauchpool teilt man mit einem Dutzend schwimmender Möwen. Wildlife at its best!
Bon appetit
Sightseeing und Schwimmen machen hungrig. Kein Problem, denn hier reiht sich ein cooles Restaurant an das andere. Besonders empfehlenswert: „Bobo’s Brasserie“ in der Beach Road direkt am Ozean. Die Karte ist französisch angehaucht, das Lokal im coolen Boho-Stil eingerichtet, die jungen Kellner sind sehr kommunikativ ohne aufdringlich zu sein und der Blick aufs Meer… muss ich noch mehr sagen?
Bergige Schönheit
Früh am nächsten Morgen bin ich mit Bill verabredet, der früher an der Börse gearbeitet hat und heute lieber Touristen die schönsten Ecken seiner Heimatstadt zeigt. Mit seinem Vollbart, dem breiten Grinsen, der markanten Stimme und dem großen Cowboyhut erinnert er mehr an einen kernigen Rodeo-Reiter, als an einen wendigen Biker. Geschickt lenkt Bill das Auto – die E-Bikes stehen sicher verzurrt auf dem Anhänger – durch den morgendlichen Berufsverkehr aus der Stadt hinaus und in Richtung Hout Bay, einem kleinen Fischerort mit romantischer Bucht und einer der schönsten Flecke der Kaphalbinsel.
Von hier geht es für Bill und mich auf den Chapman’s Peak Drive“, von den Einheimischen auch liebevoll „Chappies“ genannt – eine der atemberaubendsten Küstenstraßen der Welt und spektakuläre Verbindung zwischen den Ortschaften Hout Bay und Noordhoek. Seitdem ich irgendwann mal Bilder von der Küstenstraße gesehen habe, möchte ich hierher. Enttäuscht werde ich nicht: Wie eine Schlange windet sich die neun Kilometer lange Trasse steil den Berg hinauf und raubt einem nach jeder der insgesamt 114 Kurven einmal kurz den Atem: versteckte Buchten, weiße Strände, der türkisfarbene bis tiefblau leuchtende Atlantische Ozean. Gebannt lausche ich Bill, der von den gefährlichen Bauarbeiten Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt. Mit Pickeln, Dynamit und Schaufeln bahnten sich damals Zwangsarbeiter, Häftlinge aus den Gefängnissen der Umgebung, einen Weg durch das Granitmassiv und machten so die bis dato unpassierbare Strecke für Autofahrer und Fußgänger passierbar.
Immer wieder hält Bill in einer der Parkbuchten mit Aussichtspunkt am Straßenrand und in 593 Metern Höhe, dem höchsten Punkt des Chapman’s Peak Drive, genieße ich die beste Aussicht des Kaps. Einzig die Baboons, äußerst selbstbewusste Affen, die hier überall frei herumlaufen, stören diesen friedlichen Moment ein ganz klein wenig. Gerade noch kann ich mein Sandwich festhalten, das ein besonders freches Kerlchen mir entreißen will.
„Möchtest Du die Jackass Pinguine sehen“, fragt Bill. Bitte was? Nach einer kurzen Fahrt zum Boulder’s Beach an der östlichen Kapseite weiß ich, was beziehungsweise wer gemeint ist. Noch bevor ich die putzigen Brillenpinguine sehe, höre ich ihre eselsartigen Laute, die den Tierchen den unverkennbaren Namen eingebracht haben. In den Büschen rund um den Weg zum Strand, am Ufer und im Wasser tummelt sich eine riesige Kolonie. Bei 250 höre ich auf zu zählen und beobachte, wie sich die Pinguine gegenseitig putzen oder in die Brandung watscheln.
Bester Blick
Auf dem Parkplatz des Seaforth Beaches, nicht weit vom Boulder’s Beach entfernt, tauschen wir endlich Auto gegen Bikes. E-Bike-Erfahrung habe ich ja schon seit der City-Tour mit Tony – und so flitze ich gekonnt Bill hinterher. Zehn Kilometer sind es bis zum Cape of Good Hope Entrance Gate, dem Tor zum Nationalpark. Und obwohl die Küstenstraße ziemlich hügelig ist, muss ich kaum strampeln. Dem E-Bike sei Dank schwebe ich regelrecht auf der Straße dahin und bewundere die bergige Schönheit um mich herum.
Die letzten Meter zum Cape Point müssen zu Fuß oder mit der Zahnradbahn zurückgelegt werden. 120 Treppenstufen bei einer Windgeschwindigkeit von 60 Kilometer pro Stunde – nicht gerade ein Kinderspiel. Doch die Anstrengung lohnt: 250 Meter über dem Meeresspiegel sehe ich nicht nur die Kapspitze, sondern auch das westlich gelegene, berühmt-berüchtigte Kap der guten Hoffnung. Etwa eine Stunde dauert der Abstieg. Unten angelangt, reiht man sich entweder in die meist sehr lange Schlange aus wartenden Touristen ein – denn schließlich möchte jeder hier ein Foto vor dem Cape Of Good Hope-Schild, das den südwestlichsten Punkt Afrikas markiert, ergattern. Meine Empfehlung: die Horde wild gestikulierender und die verrücktesten Posen machenden Touris aus aller Welt links liegen lassen und stattdessen die tosende Brandung vor der gigantischen Bergkulisse genießen.
Anreise:
South African Airways fliegt täglich nonstop über Nacht von Frankfurt und München zum Drehkreuz Johannesburg und von dort aus nach Kapstadt. Ab 600 Euro.
Übernachten:
„Sun Square Cape Town City Bowl“ Neues und sehr hippes Stadthotel nahe der angesagten Bree Street. Bonus: die Dachterrasse mit Blick auf den Hafen und Lion’s Head. Erfrischung gibt’s an der Rooftop-Bar oder im Pool direkt daneben. DZ ab 104 Euro https://www.tsogosun.com/sunsquare-cape-town-city-bowl
„Radisson RED Hotel V&A Waterfront Cape“ Cooles Kunsthotel im neuen Silo District. Ideal für alle, die zum ersten Mal in Kapstadt sind und etwas Bedenken haben, was die Sicherheit angeht: die vielen Restaurants in direkter Umgebung, vor allem an der trubeligen V&A Waterfront, sind von hier selbst nach Sonnenuntergang problemlos zu Fuß zu erreichen. DZ ab 135 Euro https://www.radissonhotels.com/en-us/hotels/radisson-red-cape-town-va-waterfront
„Radisson Blu Hotel Waterfront“ Luxuriöse Unterkunft mit Blick auf Kapstadts berühmte Robben Island und den Atlantischen Ozean. Inklusive: Wasserdampfraum und Infinity Pool sowie Beach-Feeling deluxe. DZ ab 215 Euro https://www.radissonblu.com/de/hotel-capetown
Essen:
All day breakfast: Housemade Granola, Avocado auf Toast, frisch gebackene Blueberry & Banana Muffins sowie frisch gepresste Säfte – so kann der Tag starten! Im „Clarke’s Bar & Dining Room“ treffen sich abends junge Kapstädter auf Bier, Wein und Cocktails. https://www.clarkesdining.co.za/
Wohl bekommt’s: Ganze zehn Mal gibt es die coole Restaurant-Kette „Tiger’s Milk“ mit deftigen Gerichten wie Burgern, Pizzas, Tacos oder Steaks in der Stadt. Beste Grundlage, um anschließend das Nachtleben zu erkunden. https://tigersmilk.co.za
Sterneverdächtige Spitzenküche: 3-Gänge-Menü mit neun wunderschön angerichteten und teils sehr ausgefallenen Gerichten wie z.B. geröstetem Kürbis auf Gurke mit Curry-Topping oder Frühlingszwiebeln auf Senfsamen mit Brunnenkressen-Öl – das „Upper Bloem“ hat zwar noch keine Auszeichnung, doch das ändert sich bestimmt ganz bald.
https://upperbloemrestaurant.co.za/
In Kapstadt Meeresfrüchte zu essen, gehört fast schon zum Pflichtprogramm – springt der Fisch doch quasi vom Wasser aufs Teller. So auch im „Firefish“, einem Fischlokal direkt am Wasser mit bühnenreifen Blick auf den Tafelberg. Absolut empfehlenswert: der Grilled Baby Kingklip und die Garnelen-Tempura. Nicht fehlen darf natürlich ein Glas eisgekühlter Wein aus der Region. https://www.firefishrestaurant.co.za/
Die besten Tapas der Stadt gibt es im „La Parada“ in Kapstadts Innenstadt, an der Waterfront und in Constantia, einem der nobelsten Wohnviertel der Stadt. https://laparada.co.za/
Lust auf Burger? Den Besten der Stadt bekommt man im „Si Cantina Sociale“ im Silo District unweit der V&A Waterfront. http://sicantinasociale.co.za/
Eine Offenbarung: Das „Cavalli Estate“ bietet exzellente Weine sowie saisonale und mit viel Liebe zum Detail zubereitete Speisen – und den wohl spektakulärsten Blick der Winelands. https://cavalliestate.com/
Wer die kleine Chocolaterie in der Wale Street (http://honestchocolate.co.za/) in Kapstadts Innenstadt betritt, der erwartet alles andere als das: Im Hinterhof des süßen Cafés versteckt sich eine richtig coole Gin-Bar – lässiger Industriecharme, gedimmte Beleuchtung, relaxte Musik und äußerst kreative Cocktails. Cheers! http://www.theginbar.co.za/
Ausflüge & Touren:
Kapstadt ohne Tafelberg? No way! Auf das Wahrzeichen der Stadt kommt man zu Fuß (ca. 1 Stunde) oder mit der Seilbahn (fünf Minuten), die sich während der Fahrt um sich selbst dreht. Aus 1000 Metern Höhe hat man einen unvergesslichen Panoramablick, u.a. auf die Mandela-Gefängnisinsel Robben Island und den noblen Vorort Camps Bay. In den Sommermonaten (deutscher Winter) Tickets für die Seilbahn unbedingt ein paar Tage vorher kaufen: https://www.tablemountain.net/
Stellenbosch ist die zweitälteste Stadt Südafrikas und liegt inmitten der Winelands etwa 50 Kilometer von Kapstadt entfernt. Bus, Zug, Mietwagen, Taxi, Uber oder organisierter Tagesausflug – das Städtchen ist gut erreichbar und dank seiner kleinen Straßen, netten Cafés und Läden sowie etlicher Weingüter in der Region definitiv einen Ausflug wert.
Daytrippers (https://daytrippers.co.za/) bietet geführte Fahrrad- und Wandertouren durch Kapstadt, in die Winelands, auf den Tafelberg oder ans Kap der guten Hoffnung.
Mit dem E-Bike lassen sich Kapstadt und Umgebung bestens erkunden. Top gewartete Räder gibt es hier: https://gonowelectricbicycles.co.za/ Allgemeine Infos: I love Capetown – Website der Stadt: https://www.capetown.travel/
Bücher:
- Launiges Lesebuch über die Stadt am Kap, Land und Leute: „Gebrauchsanweisung für Kapstadt und Südafrika“, Piper, 18 Euro
- Abseits klassischer Sehenswürdigkeiten – Kapstadt für Entdecker: „111 Orte in Kapstadt, die man gesehen haben muss“, Emons Verlag, 16,95 Euro
- Klassischer Reiseführer mit praktischer Faltkarte: „Kapstadt & Kapprovinz“, Dumont, 18,90 Euro